Meine 10. Klasse

Mit 17 wurde ich vergewaltigt und wollte mir kurze Zeit später das Leben nehmen. Mit einer Überdosis Tavor wurde ich in der Schule vom Krankenwagen abgeholt, weil ich ohnmächtig geworden bin. Die Lehrer*innen haben das natürlich teilweise mitbekommen und wussten Bescheid – Es gab eine Lehrer*innenkonferenz, in der das thematisiert wurde.

Sie wurden angehalten, es vor den Schüler*innen herunter zu spielen und sich nicht konkret dazu zu äußern – kurz darauf hat mein Biologie-Lehrer der Klasse erklärt, ich habe versucht mich umzubringen. Ein weiterer Lehrer hat mich gebeten, nicht auf eine zukünftige Klassenfahrt mit zu fahren, weil er nicht wollte, dass ich dort deale und Drogen nehme, schließlich sei ich ja aufgrund der Überdosis drogensüchtig. Mit Drogenkonsum hatte ich nichts zu tun. Nach meinem Krankenhausaufenthalt sollte ich schrittweise in den Schulalltag wieder eingegliedert werden, das hieß, ich blieb so lange, wie ich mich gut fühlte und durfte gehen, sobald das nicht mehr der Fall war. An einem Tag, an dem wir nur einen Erste-Hilfe Kurs hatten, blieb ich den ganzen Tag, weil es mir damit gut ging und ich abgelenkt war. Danach musste ich mich rechtfertigen und mir wurde vorgeworfen, dass ich nicht einfach so tun kann, als ginge es mir schlecht und wenn kein Unterricht ist, schaffe ich es dann doch auf einmal einen ganzen Schultag da zu sein. Ein Lehrer hat bei mir in der Nähe gewohnt und mich zur Rede gestellt, warum ich, obwohl ich krank geschrieben war, mit meinem Hund spazieren gehen kann. Daraufhin konnte ich auch das nicht mehr machen, weil ich mich dabei ständig beobachtet gefühlt habe – schließlich hab ich ihn noch kein einziges Mal beim Spazierengehen getroffen..

Hallo Biest

Ich fahre gut damit, mit Menschen oberflächlich im Kontakt zu stehen, ohne sie an mein Herz zu lassen. Bei diesen Begegnungen kann ich über allem stehen. Mich verletzt nichts und ich bin mit allem zufrieden. Es gibt nie Streit, ich bin nie sauer, es ist schlichtweg unfassbar easy für alle. Ich bin wie eine leichte Fee, die mit jedem gut ist, aber die keiner richtig zu fassen bekommt.
Aber alle paar Jubeljahre passiert es und ich lerne jemanden kennen, der meine Mauern durchbricht. Der mich dazu bringt, mich zu öffnen, die Feenverkleidung abzulegen. Und dann stellen wir alle wieder mit Schrecken fest, dass sich hinter meinen Mauern, unter dem Kostüm ein Biest versteckt. Ich sollte „Vorsicht bissig“ Schilder aufhängen, denn alles was sich von nun an abspielt, ist gefährlich. Das Biest in mir wurde wieder befreit, nehmt euch in Acht. Ich vernichte alles.
Ich hasse von null auf hundert aus tiefstem Herzen, spucke vor Eifersucht Galle und will mich selbst und alle Menschen um mich herum zerstören. Kleinste Bemerkungen fühlen sich an, als ob mir jemand ein Messer ins Herz rammt und dafür wird jeder gnadenlos bestraft. Mit Ignoranz und spitzen Bemerkungen, mit abfälligen Blicken und Schweigen. Ich habe Blut geleckt, ab jetzt kratze und beiße ich, bis ich alles verjagt und für immer verschreckt habe. Danach kann ich Wunden lecken, Mauern wiederaufbauen, Kostüme überstreifen und erneut für die nächsten Jahre unnahbar sein.

21°C

Es ist Samstag, ich wache auf und zieh die Rollos nach oben. Die Sonne scheint und der Himmel könnte nicht noch blauer sein. Das gute Wetter schlägt mir ins Gesicht, in den Magen und zwingt mich zu Boden. Ich zieh die Vorhänge zu und ich leg mich zurück ins Bett. Die Tränen kullern. Ich verfluche die Sonne. Jeder Sonnenstrahl schreit mir zu, dass ich alleine bin und niemanden habe, mit dem ich sie genießen könnte. Vor mir liegt ein unendlich langer Tag. Tausend Gedanken treten von Innen gegen meinen Kopf. Es hat absolut keine Auswirkungen, ob ich aufstehe oder liegen bleibe. Ich bleibe liegen. Niemand ist mit mir verabredet, niemand wartet auf mich. Außer vielleicht ein gutes Leben, das darauf wartet, gelebt zu werden.

Und hey, es ist ja irgendwo okay für mich, alleine zu sein. Ich würde mich gerne mit Musik in den Ohren an die Donau setzen und lesen. Einzelkämpfer zu sein, stelle ich mir gut vor. Ich muss nicht das Girl sein, dass sich an 7 Tagen die Woche mit 20 verschiedenen Leuten trifft. Dass mir das nicht liegt, weiß ich inzwischen.  Aber ich bin auch kein Einzelkämpfer, ich bin schlicht kein Kämpfer. Ich bin ein Bündel von verschiedensten Sozialängsten, die in mir wuchern und wachsen. Und meine Ängste vermiesen mir eben nicht nur die Beziehung zu anderen Menschen, sie machen es mir auch noch unmöglich, die Zeit alleine zu genießen. Alleine rausgehen, an Orte, an denen Menschengruppen sind, ist genauso unmöglich, wie teil dieser Menschengruppe zu sein. Aber finde mal an so einem Tag einen Ort draußen, an dem niemand ist. Also bleibe ich zuhause. Und ich hasse mich dafür. Ich hasse jede Zelle meines Körpers, weil jede Zelle mit Angst erfüllt ist.

Okay, halb so wild. Nicht so schlimm, heute bleib ich nochmal daheim, räum auf und nutz die Zeit anders. Passt eh besser so. Aber morgen, morgen geh ich dann raus und genieße das Wetter. Ich steh morgen auf, mach mich fertig, pack meine Tasche, geh an die Donau und lese ein Buch. Kein fucking Ding! Was soll daran so schwer sein, hm? Was ist verdammt noch mal so schwer daran, das Leben zu genießen?
Ich geh zur Uni, hab viel Freizeit, bin jung und mir könnte die Welt offen stehen.

Genau genommen steht mir die Welt offen, ich komm nur nicht rein.
Es ist, als gäbe es am Eingang zum  „guten“ Leben Türsteher. „Mit den Ängsten kommen sie hier nicht rein“. Ok sag ich, nehm meine Ängste bei der Hand und geh zurück in meine Wohnung.

 

Spaß-Beziehung

Wurde gerade auf Tinder gefragt, ob ich eine Spaß-Beziehung möchte. Daran ist so viel falsch dass mir kurz die Luft weg geblieben ist und ich mich an meiner eigenen Spucke verschluckt habe.
Was zum Henker is das für ein Wort? Himmelherrgott das klingt wie etwas was Vierjährige im Kindergarten pflegen. Eine Spaß-Beziehung, wir machen nur Sachen die Spaß machen, sandkastenbuddeln, handfarbenmalen, klettern und so und er darf meine Wasserfarben mitbenutzen aber nur weil ich mit seinen Glitzergelstiften malen darf. Aber wenn jemand bessere Glitzergelstifte hat darf ich die auch nehmen ohne, dass er böse is, weil wir haben nur ne Spaß-Beziehung. Aber okay, da er angegeben hat 23 zu sein, meint er das wohl nicht (auch wenn seine Wortwahl halt auf was anderes schließen lässt). Ich frag nach. „Na Freundschaft Plus offene Beziehung so“. Ich kriege Kopfschmerzen. Das is jetzt nicht sein fucking ernst.
Erst einmal, würde das grundsätzlich Sex voraussetzen. Und mal ganz ehrlich, fragt mich da gerade jemand, den ich noch nie gesehen habe und der auch mich noch nie gesehen hat, ob ich Sex mit ihm möchte? Was is das, ebay Kleinanzeigen, wo man was kauft ohne sich sicher zu sein, wie der Zustand is? Sowas geh ich doch nicht in meinem Sexleben ein. Ich kann doch nicht sagen, dasss ich Sex mit jemandem möchte, von dem ich bisher lediglich ein Oberkörper-Spiegelselfie gesehen habe. (Überspitzt ausgedrückt. Ich matche sicher niemanden, der ein Oberkörper-Spiegelselfie drin hat. No offense.)
Aber noch nicht schlimm genug, dass das für ihn kein Problem zu sein scheint, mit mir Sex zu haben, auch wenn ich abgesehen von dem einen Bild, was er von mir gesehen hat, bloß ein Konstrukt in seinem Kopf bin, von dem ich mit 100%iger Sicherheit abweichen werde.
Ne man, er hat ja schließlich nicht mal nur gefragt, ob ich Sex mit ihm haben will, nein, er ist gleich noch Eine Millionen Schritte weitergegangen, und hat nach einer offenen Beziehung bzw. Freundschaft Plus gefragt. Herrlich. Ich muss echt n hysterisches kichern unterdrücken. Offene Beziehung, mein Freund, ist eine BEZIEHUNG, wie der Name schon sagt. Da lieben sich die Menschen meist. Fragst du mich grade ob ich dich lieben will? Und ne offene Beziehung is ja auch keine „normale“ Form, neee gleich noch ne specialform, in der Vertrauen so hart das A und O ist, wie du es dir nicht vorstellen kannst. Und ich vertraue niemandem außer meiner Schwester. Also Junge, Übertreib mal nicht. Und Freundschaft Plus? Die Menschen mit denen ich befreundet bin, sind nochmal besser ausgewählt, als die Menschen, mit denen ich Sex habe. Und überhaupt, bis du mit mir befreundet bist, vergehen mindestens Monate. Willst du so lange warten? Wenns richtig gut läuft bist du vielleicht so in 3-4 Monaten mit mir befreundet. Fragst du mich also grade ernsthaft, ob ich in 4 Monaten mit dir Sex haben will? I doubt it.
Also meinst du vermutlich doch einfach nur, ob ich ein bis ein paar Mal mit dir Sex haben will. Da mir das aber zum einen zu plump ist und ich zum anderen eben nicht sagen kann und möchte, mit wem ich Sex habe, bevor ich ihn nicht mal 5 Minuten in reallife gesehen habe – Frag mich doch um Himmelswillen bitte einfach nach einem Kaffee mit dir. Da sag ich zu 90% ja, und wenn ich dich gut finde haben wir zu 70% auch Sex. So einfach kanns sein. Aber du kommst mit so einem komischen krampfigen Bullshitscheiß daher und hältst dich für super offen, easy und flexibel. Ne man.

excuse-moi

Jedes mal, wenn ich mit jemandem schlafe, ohne es wirklich zu wollen – einfach nur weil ich nun schon einmal in der Situation bin – setzt sich das Gefühl fest, es wäre normal, aus einem Gefühl der Bring-Schuld mit jemandem zu schlafen.
Ich bin mit zu dir gegangen, und excuse-moi, dass ich dachte man trinkt vielleicht wirklich nur ein Glas Wein. Und excuse -moi, dass ich eigentlich nicht mit jedem schlafen will, nachdem ich ihn drei Sekunden geküsst habe. Aber zack wird die Bluse aufgemacht und los gehts. Mein Hirn schaltet sich sofort auf standy by (danke dafür), denkt sich „ok, da müssen wir jetzt wieder durch und ciao“.
Und jedes mal, wenn ich mit dem Menschen danach keinen Kontakt mehr habe, verfestigt sich auch der Gedanke, dass es eh etwas belangloses war.
Sex ist mir unglaublich egal. Und demjenigen, mit dem ich Sex habe, bin auch ich unglaublich egal.
Und umso öfter ich belanglosen Sex habe, umso mehr verknüpfe ich Sex auch einfach mit Gefühle ausschalten.
Und ich will damit nicht sagen, dass Sex etwas furchtbares für mich ist. Es ist mir nur komplett egal. Klar, war das nicht immer so, aber wenn du einmal nein sagst und es keinen Wert hat, dann lässt du es die nächsten Male. Und dann probierst dus vielleicht irgendwann nochmal, wirst überredet mit dämlichen Argumenten und dann lässt du es danach komplett. Ich nehme jetzt quasi einfach den leichtesten Weg.

Ich sollte den Menschen heiraten, bei dem ich sein kann, ohne sofort ausgezogen zu werden. Den Menschen, den ich länger als ein paar Sekunden küssen kann, ohne sofort ins Bett gezogen zu werden. Den Menschen, bei dem ich beim Sex was fühle.
Und weil ich denke so jemanden gibts, bringe ich mich selbst immer wieder in diese Situationen, in denen ich dann wieder merke: Niemand findet dich so cool, als das er einfach nur mit dir quatschen will, du kleines naives Ding. Du bist gerade gut genug für Sex und jetzt gib ihm wenigstens das, damit du eben für irgendwas gut warst.

P.s.:  keine Ahnung, ob andere Menschen nach besagtem Erlebnis einfach nie wieder Sex haben können, oder ob es noch mehr Menschen gibt, die als Folgerung mit jedem schlafen, ohne was zu fühlen.  Let me know, if I´m alone.

Du überwiegst

Ich dachte lange, die Konstante in meinem Leben, ist das immer wiederkehrende Schlechte. Auf jedes Hoch kommt ein Tief und darauf ist Verlass. Bei jeder guten Phase weiß ich, die Rückschläge stehen schon in den Startlöchern. Das ist der rote Faden meines Lebens, ein fliegender Wechsel von himmelhochjauchzend und zum Tode betrübt. Und auch wenn das tatsächlich so ist, meine eigentliche Konstante bist trotzdem immer du. Denn bei jedem Hoch, bei jedem Tief, bist du dabei.
Selbst wenn ich mal wieder aufwache und aus dem nichts das Gefühl habe, alle meine Freunde hassen mich und es ist sowieso jedem egal, ob ich überhaupt existiere, weiß ich trotzdem, du liebst mich. In keinem Moment meines Lebens, habe ich daran gezweifelt, wie wichtig ich dir bin. Und das ist eine Leistung für sich – ich zweifele eigentlich an Allem und Jedem. Aber nicht an dir. Du bist und bleibst mein Anker.
Du bist der beste Mensch den ich kenne. Und du hältst auch mich für einen guten Menschen. Und das weiß ich in jeder Sekunde meines Lebens, bei allem was ich mache. Das ist Vertrauen in seiner reinsten Form.
Wenn ich neue Menschen kennen lerne und die Sprache auf dich kommt, sag ich ganz automatisch und nüchtern, dass du schlichtweg der wichtigste Mensch bist, den es für mich gibt.
Lediglich wenn ich an die Zukunft denke, bekomme ich manchmal Angst. Wenn ich an die Zukunft denke, wünsche ich dir natürlich eine perfekte Familie. Ein schönes Haus. Einfach ein glückliches Leben. Weil es niemand so verdient hat, wie du. Aber irgendwo wünsche ich mir eben auch, dass es immer so bleibt, wie es jetzt ist.
Ich will keinen Geburtstag, kein Weihnachten, kein Silvester, kein Ostern ohne dich feiern. Ich will, dass wir am Wochenende zusammen in den Club gehen oder Brettspiele spielen. Ich will, dass wir uns regelmäßig besuchen, zusammen in den Urlaub fahren, sonntags gemeinsam brunchen. Ich will im Herbst mit dir Zwetschgenkuchen backen, im Winter auf dem Weihnachtsmarkt Glühwein trinken.  Ich will im Frühling das erste Mal wieder mit dir am Main sitzen, quatschen, Wein trinken und im Sommer mit dir schwimmen gehen. Aber natürlich weiß ich, wenn es für immer so wäre, würde das bedeuten, dass wir stehen bleiben, uns beide nicht weiterentwickeln. Und das ist aber etwas, was wir beide verdient haben. Wir haben es verdient, weiter zu wachsen, und mit jedem Jahr eine bessere und stärkere Version von uns selbst zu werden. Das brauchen wir. Auch wenn das heißt, dass sich weiterhin immer wieder alles verändert.
Aber all die Veränderungen in der letzten Zeit, haben uns eben auch hierhergebracht. An einen Punkt in unserem Leben, an dem es im Großen und Ganzen einfach mal läuft. Und das nur, weil wir beide immer wieder über uns hinauswachsen, uns eben weiterentwickeln.
Und hätte ich dich nicht, hätte ich mir schon längst die Chance verwehrt, zu wachsen, mich weiterzuentwickeln, überhaupt weiterhin zu sein.
Du bist meine Beschützerin und du warst das auch schon immer. Meine Retterin in den dunklen Zeiten. Es gibt vermutlich so um die eine Millionen Momente, in denen du mir, auf welche Weise auch immer, das Leben gerettet hast.
Einmal haben die Eltern wieder bis tief in die Nacht gestritten, du bist in mein Zimmer gekommen und hast mir einen kleinen Traumfänger übers Bett gehängt, damit ich gut träumen kann.
Du hast mir Atemübungen gezeigt, wenn ich dachte, ich ersticke an meinen Heulkrämpfen.
Du hast mich eines Tages gepackt, mir gesagt, so geht es nicht weiter und einen Termin beim Psychologen ausgemacht.
Als mein Silvester komplett schieflief, hast du mir zwei Tage später, nochmal ein kleines Feuerwerk gemacht.
Du schenkst mir Glücksbringer wenn ich ins Krankenhaus muss, machst mir ein Anti-Stress Paket fürs Abi und ein Starter-Set fürs Studium.
Wenn ich mich am liebsten tagelang verkriechen würde, erinnerst du mich, mir etwas Gutes zu tun und raus zu gehen.
Und diese Liste geht unendlich weiter, mit all den großen und kleinen Momenten die du mir geschenkt hast, all den Lichtblicken, die ich im tiefsten schwarz nur dir zu verdanken hatte.
Aber es ist auch nicht so, als würdest du mir einfach nur in meinen dunklen Phasen helfen und mir beistehen. Mich aus dem Schlamm ziehen und mir aufhelfen, bis ich das nächste Mal hinfalle.
Auch in meinen guten Phasen bist du immer bei mir.
Ich war mit dir auf meinem ersten Konzert, auf meinem ersten Festival, du hast mich zum Feiern mitgenommen und umso älter ich wurde, umso mehr haben wir zusammen gemacht. Bis wir dann an dem Punkt von heute angekommen sind, an dem wir fast alles gemeinsam machen.
Ich unternehme mit dir auch einfach alles am liebsten. Trinken gehen, feiern, shoppen, backen, oder auch nur eine halbe Stunde vollkommen ernsthaft überlegen, welche Hashtags unter das neue Instagrambild kommen. Und an manchen Tagen reicht es auch, bei einer Tasse Kaffee über Gott und die Welt her zu ziehen. Du findest nämlich grundsätzlich dieselben Menschen wie ich doof. Und das allein verbindet sowieso schon unglaublich. Du lachst über fast jeden meiner dämlichen Sprüche und gibst mir dabei das Gefühl, als sei ich wirklich der witzigste Mensch der Welt. Ich will dir alles erzählen und ich will alles von dir hören.
Es gibt vermutlich nur einen Bruch zwischen uns, eine Sache, die unausgesprochen zwischen uns ist. Das eine mal, als auch du mir nicht mehr helfen konntest. Der Moment in meinem Leben, in dem ich das Gefühl hatte, das schlechte, überwiegt. In dem ich gehen wollte. Ohne ein Wort, ohne einen Gedanken. In dem ich so leer und begraben von Schmerzen war, dass ich nicht mehr konnte.
Ich war bereit, von deiner Seite zu gehen und hab mich nie dafür entschuldigt. Ich weiß nicht, ob du mir böse warst. Ich wäre es dir gewesen. Aber du warst einfach nur für mich da. Keinen Vorwurf habe ich von dir gehört. Bis heute nicht. Ich kann mich kaum an diese Zeit erinnern und will es auch nicht. Aber ich weiß, ich bin aufgewacht und du hast mich sofort wieder in die Decke deiner bedingungslosen Liebe gewickelt. Und das ist typisch für dich. Du hast mir deinen eigenen Schmerz, deine eigene Verzweiflung und Hilflosigkeit nicht gezeigt, um mich zu schützen.
Ich weiß im Nachhinein nicht mehr, wie ich glauben konnte, es gäbe so viel Schlechtes, dass du es nicht aufwiegen könntest. Ich weiß heute, das gibt es nicht. Du überwiegst immer. Mir kann nichts so Schlimmes passieren, als das ich nicht immer noch wüsste, dass ich ein unglaublicher Glückspilz bin, weil ich dich habe. Immer wieder passiert mir schlechtes. Aber ich kann damit umgehen, es akzeptieren, weil ich weiß, ich habe dich.
Ich dachte lange, vielleicht gewinne ich mal im Lotto, so als Entschuldigung vom Leben.
Aber du bist die Entschuldigung. Du lässt mich alles ertragen und überstehen. Du machst alles wieder gut. Manchmal könnte ich wirklich weinen, weil du so gut bist und so viel Liebe verdient hast, wie es auf der Welt gar nicht gibt.
Und wenn ich mich bei jedem Hoch und bei jedem Tief in meinem Leben, ständig frage, „ist das für immer?“ – bei dir weiß ich es. Du bist für immer. Du bist mein Anker, meine Beschützerin, mein Lieblingsmensch, meine beste Freundin.
Meine Schwester.

Virus

Du denkst, du kämpfst gegen mich an und gewinnst. Aber du kämpfst gegen dich selbst. Mit der Vernunft auf deiner Seite, aber gegen dein Herz. Und da kannst du nur verlieren.
Kopf gegen Herz. Wie so oft.

Du behandelst mich, wie einen Virus, vor dem du dich schützen musst. Als wäre ich ein Parasit, der sich in deinem Kopf einnisten und dich lenken, willenlos machen und dich aussaugen will.
Aber was ich bin, ist ein Mensch. Ein anderer Mensch als vor vier Jahren. Aber immer noch ein Mensch, der dich liebt.
Was dein Kopf aus der Angst heraus aus mir macht, kann ich nicht beeinflussen.
Aber ich bin gut. Ich weiß das.
Und du siehst mich als etwas schlechtes.
Das weiß ich jetzt auch.

Danke für nichts

Besonderes sein, ohne sonderbar zu wirken.
Auffallen, ohne aus der Reihe zu fallen.
Eine Gratwanderung ohne roten Faden.
Hab Ecken und Kanten, aber pass überall rein.
Rückgrat zeigen, aber biegsam wie das Fähnchen im Wind.
Schwimm gegen den Strom und lass dich doch treiben.
Über den Tellerrand, aber jeder kocht sein eigenes Süppchen.
Nirgends richtig dazu gehören, aber dabei sein ist alles.
Nichts Ganzes, aber dafür viel Halbherzigkeit.

Wenn 1 und 2 nicht mehr 3 ergibt

Ein Abend mit dir und du hast mein Herz wieder auf den Kopf gestellt. Wie ne Schneekugel einmal geschüttelt und alle Gefühle fliegen wieder wild durch meinen Körper. Jedes mal, wenn sich utopische Zukunftsszenarien in meinen Kopf geschlichen haben, konnte ich sie mit einem Blick auf die Realität zerschlagen. Und jetzt weiß ich nicht mehr, was Utopie und was reale Chance ist.

Passiv

Ich sollte allmählich aufhören, zu erwarten, dass sich schon alles irgendwie regelt. Sich alles irgendwie von selbst ergibt. Vermutlich wird es zeit für den blöden Moment, in dem man anfangen muss, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Du bist dein Glückes Schmied. Aber ich dafür nicht bereit.
Ich bin so ein passiver Mensch, dass ich bei der kleinsten Aktivität die von mir verlangt wird, das Gefühl bekomme, mir fliegt alles um die Ohren. Ich kann keine Entscheidungen treffen. Mir fehlt oft das Gespür für die Realität. Das reale zeit und raum Geschehen. Ich flieg so durch die Gegend, ohne Halt, mit der Hoffnung nirgendwo an zu ecken. Und wenn mich dann irgendwas auf den Boden der Tatsachen holt, fühle ich mich überfordert.

Ich sag grundsätzlich zu allem erstmal ja, halte mir alles offen. Aber wenn es zu dem Zeitpunkt kommt, dass ich Entscheidungen treffen muss, konkret werden muss, gerate ich in Panik und steck den Kopf in den Sand. Tauche einfach ab. In der Zukunft ist alles möglich. Das mag ich. In der Zukunft schaffe ich alles. Und klar hab ich nächste Woche Lust, mit dir nen Kaffee trinken zu gehen. Aber wenn der Tag gekommen ist; ich mich aktiv fertig machen und los gehen müsste, sag ich kurzfristig ab. Und natürlich ist die Vorstellung cool, nächsten Monat ein paar Tage mit nach Berlin zu fahren, aber am tag der Abreise, bleib ich doch lieber daheim.
Ich bin einfach froh, wenn nichts von mir verlangt wird, wenn ich nichts tun muss, aber mir theoretisch alles offen steht. Ich lege mich nie fest und verpasse dadurch vermutlich alles.
Ich bin auch nur mit den aller wenigsten Menschen spontan.
Wenn mich jemand spontan fragt, ob ich was machen will, antworte ich nach 3 Stunden, dass ich das leider nicht gelesen habe. Und ich glaube mir die Lüge so sehr, dass ich kein schlechtes Gewissen hab, weil – wer kann schon was dafür, wenn er mal paar Stunden nicht am Handy ist? Und eine Entscheidung muss ich dann quasi auch nicht treffe, weil ich mir ja fast glaube, dass ich es gerne gemacht hätte, wenn ich es früher gelesen hätte. Auf Anrufe, mit denen ich nicht rechne, reagiere ich genauso. 2 Stunden später schreiben, was es denn gab, das Handy war leider lautlos. Das ist unglaublich feige und gemein. Aber das liegt nicht mal an den anderen Menschen, nicht daran, dass ich sie nicht mögen würde. Es liegt daran, dass ich mich so schwer festlegen kann. Alles ist irgendwie möglich, aber im Endeffekt mach ich nichts.
Ich hab zum Beispiel mit jemandem ein paar Dates, möchte aber weder mit ihm zusammen sein, noch aufhören mich zu treffen. Es könnte ja sein, dass ich nächste Woche aufwache und total verliebt in ihn bin, oder aber übermorgen jemand anderen kennen lerne. Das kann ich ja beides unmöglich wissen. Und wenn dann das wahrscheinlichste eintrifft – dass mich die andere Person nicht mehr treffen will – okay. Dann soll das wohl so sein. Ich musste ja aktiv keine Entscheidung treffen, also kann ich ja nichts dafür.
Ich bin so festgefahren in meiner Passivität, dass ich nicht in der Lage bin, die kleinsten Entscheidungen zu treffen, immer den leichtesten Weg nehme und jede Verantwortung von mir weg schiebe. Mir wäre es am liebsten, meine Mutter würde mir die Klamotten für den tag rauslegen und ausmachen, mit wem ich nachmittags spiele. Unter all dem ja sagen, ausweichen, sich drücken und verkriechen, weiß ich gar nicht mehr, was ich eigentlich will, was ich eigentlich fühle. Ich setz mich ja nicht damit auseinander. Ich hab das Gefühl für mich und meine Bedürfnisse verloren.
Aber irgendwann werde ich aufwachen und merken, dass ich nie in Island war. Das ich irgendwann hätte das ruder in die Hand nehmen müssen.